Zwei Frauen stehen vor einer Bildergalerie.

Vom fliegenden Fisch zur Langen Nacht

Ende Juni wurde das Theater „Alles Anton“ im Landestheater gezeigt. Die Aufführung fand im Zuge der Langen Nacht der Bühnen statt. "Alles Anton!" ist ein buntes Stück gespielt von Schauspieler*innen mit und ohne Beeinträchtigung. Viele Menschen haben zusammen geholfen. Die Zusammenarbeit der Personen hat sehr gut funktioniert und auch das Publikum war begeistert. Die inklusive Theatergruppe „Theater INNklusiv“ gibt es seit dem Jahr 2021. Erst im Jahr 2023 hat die Theatergruppe den Preis „Fliegenden Fisch“ vom Land OÖ in der Kategorie „Zusammen Leben“ erhalten.

Weg von Bruckner - hin zu Anton

In dem Stück soll Anton von seinem berühmten Nachnamen befreit werden. Der Mensch Anton rückt in den Vordergrund und es zeigt sich, dass auch er menschliche Bedürfnisse hat und sein Lieblingsessen Sauerkraut ist. Umrahmt wurde das farbenfrohe Theaterstück durch Schlager und Ohrwürmer, die umgeschrieben wurden. So heißt es in dem Toten Hosen Lied „Hier kommt Alex!“ zum Beispiel „Hier kommt Anton!“. Begleitet wurde das Stück von einer Gebärdendolmetscherin. 

Ein Stück zum Mitfeiern

Das Stück ist für Kinder und Erwachsene geeignet. Die Mitwirkenden haben Großteils zum ersten Mal im Landestheater gespielt. Es war sehr beeindruckend und teilweise überraschend. Celina und Alexandra von der Inklusiven Redaktion haben Mitwirkende und Gäste befragt.

Die Interviews gibt es hier zu hören.

Kajsa Boström - künstlerische Leitung des Theater INNklusiv - hat uns ebenfalls Fragen beantwortet:  

Wie lange arbeitest du schon beim Theater INNklusiv?
2020 haben wir mit Unterstützung von LEADER Sauwald-Pramthal das Theater INNklusiv gegründet. Ich bin von Anfang an dabei und habe als Künstlerische Leiterin alles mit den Kolleg*innen aufgebaut.

Wie entsteht bei euch ein Stück?
Zuerst arbeitet die musikalische und schauspielerische Leitung intensiv an einem Grundkonzept. Die Hauptaufgabe liegt dabei vor allem darin, ein Konzept so zu übersetzen, dass es allgemein verständlich wird, worum es uns geht. Ein Konzept ist ein Gerüst, mit dem ein Fundament gebaut wird, auf dem sich jede und jeder sicher bewegen kann. Mit diesem Grundkonzept fangen die Darsteller*innen an zu proben. Wir wissen am Anfang einer Produktion nie, was sich am Schluss tatsächlich auf der Bühne abspielt. So viel wie möglich soll von den Darsteller*innen selbst kommen.

Theater INNklusiv ist ein mittlerweile über mehr als drei Jahre gewachsenes Kollektiv von besonderen Menschen, die sich darauf verständigen, gemeinsam eine künstlerische Entwicklung voranzutreiben. Alle beteiligten Personen sind gleichberechtigt dafür verantwortlich, was am Ende auf der Bühne passiert. Es gibt ein Thema, das einmal von den Teilnehmer*innen und ein anderes Mal von der künstlerischen Leitung vorgegeben wird. Es wird sehr offen und allgemein gehalten – aber nicht beliebig. Daraufhin wird im Entstehungsprozess alles, was den künstlerischen Prozess fördert, zu einem Ganzen verwoben. Beinahe alles, was dabei angeboten wird, hat künstlerische Relevanz. Am Ende steht ein Ensemble auf der Bühne, das sein eigenes Stück entwickelt, geschrieben, getextet und choreographiert hat.

Für „Alles Anton!“ hat die Konzeptualisierung im April 2023 angefangen. Probenbeginn mit dem Ensemble war im September 2023. Die Premiere ist im Mai 2024.

Was ist das für ein Theaterstück und wer hat sich das ausgedacht?
Anton Bruckner feiert 200 Jahre, und da wollen wir natürlich mitfeiern.

Es arbeiten ja auch Menschen mit Beeinträchtigung mit – gibt es da einen Unterschied zu anderen Theatergruppen? Ist es kreativer, anders?
Ob die Arbeit deshalb kreativer ist, kann nicht schlüssig beantwortet werden. Hierfür bräuchte es eigenständige Studien von unabhängigen Institutionen. Prinzipiell ist unser Ziel, dass es solcher Fragen in Zukunft nicht mehr bedarf und Inklusion ein überflüssiger Begriff wird, den man nicht mehr erwähnen muss. Ich sehe meine Kolleg*innen nicht als Menschen mit oder ohne Behinderung, sondern als Menschen. Alle sollen gehört, gesehen und herausgefordert werden. Ich bin beim Theater INNklusiv, weil ich unsere Probenprozesse liebe: Die Art, wie Musik, Text und Werkstatt gemeinsam herumspielen und ausprobieren. Was ich in der Zeit, seit ich mit diesen besonderen Menschen arbeite, sagen kann, ist: Wir durften alle unbewusste und nicht gekannte eigene Vorurteile abbauen. Wir könnten noch so gut schauspielern, wir werden mit Sicherheit entlarvt. Wir dürfen einen schlechten Tag haben und es wird uns nicht übel genommen. Wir können in jedem Fall auf die/den anderen vertrauen. Die Herausforderungen beim Theater INNklusiv haben nichts mit den Menschen zu tun. Die geographischen Abstände im ländlichen Raum sind eine Aufgabe für sich. Wie kommen die Kolleg*innen überhaupt zur Probe? Eine andere delikate Herausforderung sind die Spielorte. Wir haben hier keine üblichen Theatergebäude, sondern spielen in ziemlich unerotischen Mehrzwecksälen und da braucht es einiges an Phantasie, Kreativität und Molton, damit es funkeln und knistern kann.

Wie schaut euer nächstes Projekt aus?
In unserer kommenden Produktion dient das literarische Werk „Die andere Seite“ von Alfred Kubin als Vorlage. Es wird ein abendfüllendes Stück entwickelt.

von Celina Petermandl und Alexandra Wallner

Interviews
Lange Nacht der Bühnen